Karl Arnold, 1948 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, bei der Eröffnung des Parlamentarischen RatesWir beginnen mit dieser Arbeit in der Absicht und dem festen Willen, einen Bau zu errichten, der am Ende ein gutes Haus für alle Deutschen werden soll.
Am 13. August 1948 fällt in einer telefonischen Abstimmung eine für das Nachkriegsdeutschland folgenschwere Entscheidung: Die Regierungschefs der damals elf Länder der drei westdeutschen Besatzungszonen – darunter auch die Bürgermeister von Bremen und Hamburg – sprechen sich mehrheitlich dafür aus, dass der Parlamentarische Rat in Bonn tagen soll.
Neun Monate, vom 1. September 1948 bis zum 8. Mai 1949, wird der Parlamentarische Rat als verfassungsgebende Versammlung das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ausarbeiten.
August 1948: Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee
Doch bevor der Parlamentarische Rat seine Arbeit aufnehmen kann, tagt vom 10. bis 23. August 1948 auf der Chiemsee-Insel Herrenchiemsee in Bayern der sogenannte „Verfassungskonvent“. Das Gremium aus Rechtsgelehrten, Politikern und Verwaltungsfachleuten hat bereits Empfehlungen für ein „Grundgesetz“ vorlegt. Nun erarbeiten die Fachleute die Grundlagen für die Arbeit des Parlamentarischen Rates. Während der Verfassungskonvent tagt, wird telefonisch über den Tagungsort des Parlamentarischen Rates abgestimmt: Von den elf Regierungschefs stimmen acht für Bonn, zwei für Karlsruhe und einer für Celle.
Die 65 stimmberechtigten Mitglieder des Parlamentarischen Rates – 61 Männer und vier Frauen (Helene Weber, Elisabeth Selbert, Friederike Nadig und Helene Wessel) – wurden von den einzelnen Landesparlamenten gewählt. Hinzu kommen noch fünf nicht stimmberechtigte Mitglieder, die die Berliner Stadtverordnetenversammlung wählte.
September 1948: Festakt im Museum Koenig
Mit einem Festakt am 1. September 1948 im Museum Koenig in Bonn, dort wo sonst Tierpräparate ausgestellt werden, findet die Eröffnungsfeier statt. Die geladenen Gäste versammeln sich in der Lichthalle des Museums. Es ist eines der wenigen repräsentativen Gebäude in Bonn, die nach dem Zweiten Weltkrieg intakt sind.
Der Rat steht vor der Aufgabe, eine vorläufige Verfassung für den unter westalliierter Kontrolle stehenden Teil Deutschlands auszuarbeiten. Noch am selben Tag konstituiert sich der Parlamentarische Rat in der Aula der Pädagogischen Akademie und wählt den 72-jährigen Abgeordneten Konrad Adenauer (CDU) zu seinem Vorsitzenden.
Adenauer wohnte seit 1935 in Rhöndorf, also in direkter Nachbarschaft zu Bonn. Dort, im Hotel Drachenfelser Hof, werden auch die SPD-Abgeordneten im Parlamentarischen Rat untergebracht.
Bonn im Rennen um die vorläufige Hauptstadt
Bonn scheint geeignet, die endgültige Entscheidung über den künftigen Regierungssitz offenzuhalten. Die Stadt am Rhein symbolisiert den provisorischen Charakter der Gründung eines „Weststaates“. Neben der Pädagogischen Akademie als Tagungsort besitzt Bonn zudem ausreichend Unterkünfte, eine Universitätsbibliothek und in direkter Nachbarschaft gelegene Kurorte. Karl Sigmund Mayr (CSU) stellt fest, hier könne man „in Ruhe seine Arbeit verrichten“.
Mai 1949: Das Grundgesetz wird verabschiedet
Genau vier Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges verabschiedet der Parlamentarische Rat das Grundgesetz am 8. Mai 1949 um 23:55 Uhr nach 36-maligen Nachbesserungen mit 53 zu 12 Stimmen.
Bewusst hatte man die Anstrengung unternommen, noch am 8. Mai – dem vierten Jahrestag der Befreiung – die neue Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland zu beschließen, um so ein politisches Zeichen des Neuanfangs zu setzen.